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Die Qual der Wahl

Wie geht das… sich entscheiden?

„Nächste Woche ist wiedermal ‚BrainFair‘, da werde ich jeden Abend fort sein!“ sagt mein Allerliebster und breitet das Veranstaltungsprogramm auf dem Küchentisch aus: das Neuste aus der Hirnforschung, volksnah präsentiert, so dass auch Laien etwas davon haben. Mein Blick fällt auf den Titel „Die Qual der Wahl – Wie unser Gehirn Entscheidungen fällt“, und schon steht mein Entschluss fest: Da muss ich hin! Vielleicht kann ich dann meinem Website-Kapitel „sich entscheiden“ ein paar der neusten Erkenntnisse beifügen, z.B. eine neurologische Erklärung für die Frage, warum Hochsensible häufiger an Entscheidungsschwierigkeiten leiden als der Durchschnitt. Oder ob es bald möglich sein wird, in Phasen von Entscheidungsschwäche schnell um die Ecke ins nächste „NeuroLab“ zu joggen, die zuständige Hirnregion kurz stimulieren zu lassen, um dann entscheidungsfreudig wieder zurück an die Arbeit zu gehen.

Der riesige Hörsaal füllt sich langsam, die drei jungen Hirnforscher schnallen das Mikrophon an den Kragen und kontrollieren den Computer (ohne PowerPoint läuft gar nichts mehr). Es sind „Neuroökonomen“ und „Neuroinformatiker“, und sie halten keine Vorträge, sondern „Talks“. Obwohl wir zunächst per Knopfdruck an einem einfachen Entscheidungstest mitmachen, bei welchem man rein theoretisch Geld gewinnen kann oder andere unfair behandeln darf, stelle ich mit der Zeit fest, dass die jungen „Talker“ das Publikum offenbar mit Studierenden aus dem siebten Semester verwechseln: „Lateraler Präfrontalcortex“… das ginge ja noch, das muss eine Hirnregion sein, – aber – Entschuldigung… bitte nicht so schnell: was bedeutet nun schon wieder „synaptische Plastizität“? Hin und wieder steigt aus der Flut von Fremdwörtern eine Aussage, die ich spannend finde: die Hauptbeschäftigung des Gehirns sei es – vorauszusagen, was jetzt dann gleich passieren wird, also ein Abschätzen der allernächsten Zukunft, damit der Körper die richtigen Befehle von der „Schaltzentrale Hirn“ bekommt. Aha ja! Darum jeweils der Schock, wenn man am Ende einer Treppe zu Unrecht erwartet, es komme nochmals eine Stufe… Ich merke, wie ich im Laufe der „Talks“ ein mechanistisches Bild meines Denkorgans entwickle – eines, das auf mathematischen Gleichungen beruht und mir fast etwas Angst macht: wie schnell könnte ich – wenn diesem kostbaren Organ etwas passiert – nicht mehr ich selber sein!

Auf dem Heimweg gehen wir ein paar Schritte zu Fuss – an riesigen Turnhallen und Fitnessräumen vorbei, die samt und sonders gefüllt sind mit Fussball spielenden, turnenden, trainierenden, plaudernden jungen Menschen. Ein fröhliches, lebendiges und buntes Bild, so dass sich mein Hirn langsam wieder entspannt und ich mit der Zeit vergesse, wie wahnsinnig beschäftigt es ist, meine nächsten Schritte vorauszusehen…Ob ich wohl die einzige war, deren Gehirn Mühe hatte die dicht gedrängte wissenschaftliche Informationsflut zu fassen? Doch da sagt mein Allerliebster zu meiner Erleichterung nachdenklich: „Eigentlich wurde mit keinem Wort erwähnt, wie das Gehirn seine Entscheidungen fällt…“

Marianne Schauwecker, www.hochsensibilitaet.ch

Umfassende Schweizer Website seit 2007 – Link zum Kapitel „sich entscheiden“

Über den/die Autor*in

Marianne Schauwecker
Marianne Schauwecker

Marianne Schauwecker, Therapeutin und Liedermacherin, entdeckte das Thema Hochsensibilität ca. 2004, als sie in der Psychiatrie als Musik- und Stimmausdruckstherapeutin arbeitete. Ihre Recherchen ergaben, dass es damals im deutschsprachigen Raum erst je zwei Bücher und Websites über dieses Thema gab. So veröffentlichte sie 2007 die erste schweizerische Website www.hochsensibilitaet.ch (ständig wachsende, vielfältige Informationen, Rat, Hilfsangebote, Forum… für HSP).
 Berufliche Grundlagen: langjährige Therapieausbildung und lebenslange Erfahrung als hochsensibler Mensch.

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