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Den Arbeitsalltag als HSP gestalten

Gestaltung des Arbeitsalltags für HSP

Der Beruf als Teil des Alltags

Ein ganzes Drittel unserer Arbeitstage verbringen wir genau dort: auf der Arbeit. Es lohnt sich also hinzuschauen, inwiefern das Arbeitsumfeld uns und unser Sein unterstützt oder nicht, und uns so aktiv um unsere Laufbahn zu kümmern. Denn wenn wir es schaffen, uns ein angenehmes, sinnvolles oder zumindest nicht belastendes Umfeld zu schaffen, dann ist das ein grosser Hebel zur Steigerung unserer Lebensqualität.

Natürlich geht es uns auf der Arbeit besser, je besser wir allgemein im Alltag für uns selbst sorgen können – mit gesundem Essen, erholsamem Schlaf, Bewegung, bewusster Selbstfürsorge, regelmässigen Strukturen und dem individuell benötigten Gleichgewicht an Kontakt und Rückzug. Jeder dieser Punkte verdiente ein eigenes Buch. Hier soll es nun aber darum gehen, was wir konkret an unserer Arbeitsstelle oder bei der Planung unserer Laufbahn für unser Wohlbefinden tun können.

Unsere Stärken ausspielen

Einerseits können wir versuchen, unsere Vorgesetzten auf unsere Stärken als HSP aufmerksam zu machen. Vielleicht sprechen wir an, wenn es uns dünkt, dass es einem Mitarbeiter nicht so gut geht und sich die Vorgesetzte vielleicht da mal erkundigen sollte, oder wir machen auf eine Problematik in einem Prozess aufmerksam, die uns schon lange auffällt, aber niemanden klar zu sein scheint – auch wenn es nicht unser Projekt ist. Natürlich nur dann, wenn die nötige Offenheit und Bereitschaft da ist, uns auch zuzuhören.
Grundsätzlich ist dafür eine gesunde Abgrenzung zentral. Wir können uns dann für uns sinnvoll einbringen, wenn wir Abstand haben und nicht meinen, unterstützen zu müssen oder uns für das fremde Projekt verantwortlich fühlen. Allgemein kann ich aus meiner Erfahrung sagen, dass wir unsere Stärken als HSP vor allem wirklich ausleben können, wenn die Abgrenzung stimmt. Denn so können wir gewisse Dinge gezielt wahrnehmen und ansprechen, ohne dass es uns auslaugt. Zudem fühlen sich andere Personen oft (unbewusst) unter Druck gesetzt und reagieren ablehnend, wenn wir aus einer mangelnden Abgrenzung heraus etwas ansprechen.

Persönliche Energiequellen

Rückzug ist wichtig, um einfach mal Pause von ständigen Eindrücken zu bekommen, aber auch um die eigenen Batterien wieder aufzuladen. Alle Menschen brauchen Pausen, aber als Hochsensible sind sie noch wichtiger. Kurze Mini-Pausen über den Tag verteilt helfen, das Nervensystem zu beruhigen und immer wieder aus dem Funktionieren (in das wir unbewusst oft reinkommen) auszusteigen. Das können ein, zwei zusätzliche Minuten auf der Toilette sein, während derer ich einfach meinen Körper wahrnehme, oder bewusste Atemzüge nach jeder abgeschickten E-Mail oder auch ein paar Dehnungsübungen jedes Mal, wenn ich zum Drucker oder zur Kaffeeküche gehe. Daneben braucht es mindestens eine längere Pause – üblicherweise die Mittagspause – wo wir uns ganz auf andere Gedanken einlassen können. Idealerweise haben wir die Möglichkeit unsere Mittagspause draussen zu verbringen oder mit einem Spaziergang abzuschliessen. Es lohnt sich auch, sich die Frage zu stellen, welches Essen mir guttut und ob ich lieber allein oder mit anderen Menschen zu Mittag esse.

Arbeitsplatz

Neben den Rückzugsmöglichkeiten für Pausen, verbringen wir aber die meiste Zeit an unserem Arbeitsplatz selbst. An den Räumen – Grossraumbüro, Temperatur, Sonneneinstrahlung oder Blickrichtung können wir oft nicht viel verändern. Wir können es aber versuchen und beispielsweise ansprechen, wenn wir z.B. lieber mit dem Rücken zum Fenster sitzen würden, denn vielleicht ist ja jemand froh, mit uns zu tauschen. Wichtig ist, uns auf das zu fokussieren, was wir beeinflussen können: unseren Schreibtisch. Was brauchen wir, um uns wohlzufühlen? Ordnung oder lieber etwas Chaos? Wann sind wir kreativ? Welcher Sinn ist bei uns besonders reizanfällig und braucht spezielle Aufmerksamkeit? Wir können uns da ganz gezielt z.B. mit kleinen Pflanzen (visuell), noise cancelling Kopfhörern (auditiv) oder einer Schale voller Steine, um hin und wieder hineinzufassen (haptisch), unterstützen. Vielleicht helfen uns auch bestimmte Fotos von schönen Momenten, Energie zu spüren, unsere Kreativität anzuregen und uns wohlzufühlen.

Inhaltliche Klarheit

Nicht nur die Umgebung beeinflusst unsere Arbeitszufriedenheit, sondern wesentlich auch das Team, die vorgesetzte Person und unser Arbeitsinhalt. Während es schwierig sein kann, an der Teamdynamik etwas zu verändern und einem bei gravierenden Konflikten mit den Vorgesetzen oft nur das Wechseln der Arbeitsstelle bleibt, können wir beim Arbeitsinhalt und wie wir damit umgehen viel bewirken.

Beispielsweise helfen klare Zuständigkeiten und explizite Rollen-Teilungen gerade HSPs enorm, denn dann muss nicht immer nachgefragt oder abgecheckt werden, wer etwas nun erledigt. Ebenso sind klare Ansprechpersonen hilfreich. Klarheit gibt Sicherheit und ein Gefühl von Stabilität für das ganze Team. Sie einzufordern ist nicht immer leicht, aber mit einer individuellen, an die Situation angepassten Strategie meist erfolgreich.

Fazit

Die eigene Hochsensibilität sollte nicht nur bei der Planung der persönlichen Laufbahn und beim Aussuchen konkreter Jobs eine Rolle spielen, sondern auch im Arbeitsalltag. Denn da gibt es unzählige Möglichkeiten uns konkret zu unterstützen.
Je mehr wir mit uns selbst in Kontakt sind und Zugang zu unseren Bedürfnissen und Werten haben, desto eher merken wir, wann es einen grösseren Job-Wechsel braucht und wann es genügt, kleinere Dinge im Alltag anzupassen, um wieder erfüllt zu arbeiten.

In einem Laufbahncoaching hast Du die Möglichkeit, Deine individuellen Werte und Bedürfnisse und Deine benötigte Arbeitsumgebung mit mir zu erkunden. Wir erarbeiten Strategien, diese in Deinen Alltag zu integrieren oder einen darauf basierenden Job zu finden. Auch wenn Du an Deiner Abgrenzung – egal ob im Job oder sonstigen Lebensbereichen – arbeiten möchtest, empfehle ich Dir eine Beratung. Dabei schulen wir Deine Selbstwahrnehmung und Du lernst, Dein System herunterzufahren und Deine Grenzen mehr und mehr zu spüren.

Wir freuen uns, dass Ursina Wälchli, die Autorin dieses Blogartikels auf unserer Tagung am 3. September 2022 in Olten einen Workshop halten wird.

Der Titel lautet “Hochsensibel im Beruf”. Wie finde ich ein Beruf, der zu mir passt bzw. wie entdecke ich meine Bedürfnisse und Wünsche und kann mein aktuelles Umfeld dahingehend verändern.

Über den/die Autor*in

Ursina Wälchli

Laufbahn-Beraterin (ZHAW), Beraterin für Meditation und Achtsamkeit (ReConSat) und Ayurveda Lifestyle Coach. Fokus auf ein ganzheitliches, erfülltes Leben im Kontakt mit sich selbst und seinen Gefühlen. Praxis BeiSichSein in Zürich.

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