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Wie Kreativität hochsensible Menschen in ihre Kraft bringt

Mehr Abgrenzung und weniger Überreizung durch Kreativ-sein

Früher dachte man, Kreativität sei ausschliesslich Künstlern vorbehalten. Heute belegen Forschungsergebnisse, dass sie zur menschlichen Grundausstattung gehört. Kreativität wurde uns folglich schon in die Wiege gelegt, und wir haben keinen Grund, nicht kreativ zu sein. 

Bloss ist es mit Kreativität wie mit Muskeln: Es braucht Training. Das heisst, dass wir betreffend Kreativ-sein gelegentlich etwas aus der Übung sein können und uns immer mal wieder neu darin vertiefen dürfen – am besten mit experimentierfreudigem Forschergeist und ohne Erwartung, grosse Kunst machen zu wollen! 

Vermutlich fragst du dich, liebe Leserin, lieber Leser, weshalb ich dich ausgerechnet in einem Blogbeitrag zu Hochsensibilität daran erinnern möchte, dass du von Natur aus kreativ bist.  

Das liegt zum einen an meiner Berufung als Kunsttherapeutin, zum anderen an meiner eigenen Erfahrung und derjenigen meiner hochsensiblen Klient*innen, dass Kreativ-sein eine effiziente Ressource ist, resistenter gegen rasche Reizüberflutung zu werden und dem Alltagsstress ab und zu lustvoll auf die Pelle zu rücken.

Gerade in unserer westlichen Informationsgesellschaft ist es für hochsensible Menschen eine wahre Kunst, durch die vielen Reize von aussen nicht permanent in die Reizüberflutung zu gelangen, sondern sich durch eine stabile Innenwelt von der reizreichen Aussenwelt erfolgreich abzugrenzen. Und genau dafür ist Kreativität ein heilsames Mittel und Kreativ-sein unglaublich wirkungsvoll.

Kreativ-sein führt uns zu uns selbst zurück

Kreativ-sein – was wir dabei auch immer tun, malen, schreiben, kochen etc. – ist stets Handeln mit Ausrichtung von innen nach aussen. Denn kreativ sind wir nur dann, wenn wir in Resonanz mit uns selbst sind.

Und genau dafür sind hochsensible Menschen sehr begabt. Die feine Wahrnehmung – nicht nur für äussere, sondern auch für innere Reize – macht den Zugang zur reichen Innenwelt einfacher. 

Es müsste ihnen deshalb «eigentlich» leicht von der Hand gehen, kreativ zu sein und der inneren Führung zu vertrauen, stünde da nicht oft die Erfahrung im Weg, dass die eigene Wahrnehmung falsch ist. 

Äusserungen wie Das ist doch nicht so schlimm! oder Jetzt stell dich mal nicht so an! bewirken schon in der Kindheit, dass hochsensible Menschen ihrer inneren Stimme nicht länger folgen, sondern sich vor allem im Aussen orientieren und damit unbewusst auf die Kraft der Kreativität verzichten.

Möglicherweise pflegst du, liebe Leserin oder lieber Leser, genau deshalb heute deine Kreativität nur selten, weil du dafür den eigenen Impulsen trauen müsstest, denen du jedoch seit langem keine Beachtung mehr schenkst.

Das hat nicht nur zur Folge, dass der Welt so manch gute Idee verloren geht, sondern auch, dass du dich selbst einer Möglichkeit beraubst, bei dir zu sein und dich effizient von äusseren Reizen abzugrenzen, indem du handelnd aus dir selbst schöpfst.

Den Schatz der Kreativität bergen

Erlauben wir uns jedoch wieder, vermehrt spielerisch unterwegs zu sein, zu experimentieren, aus Bestehendem Neues zu schaffen und uns über Farben, Worte oder Klänge auszudrücken, holen wir uns unsere Kreativität zurück:

  • Durch Kreativ-sein erschaffen wir uns die Möglichkeit, regelässig mit uns in Kontakt und Resonanz zu sein, in uns Ruhe zu finden und dabei Kraft zu tanken. 
  • Übers kreative Tun kommen wir in Fluss. Mit etwas Übung erleben wir Flow-Momente, die uns in Einklang mit uns und der Welt bringen. 
  • Schöpferisches Arbeiten ist «Seelenmagie» mitten im Alltag, wie das Sarah Ban Breathnach so treffend beschreibt. Dies haben schon unsere Ur-Urgrossmütter gewusst, wenn sie neben ihrer Hausarbeit von Zeit zu Zeit webend und singend im Kreis am Feuer sassen. 

Fazit: Kreativität schenkt uns innere Präsenz, die uns auch im Aussen bewusst Raum einnehmen lässt und uns dadurch effizient von innen heraus unterstützt, uns von äusseren Reizen und einer häufigen Reizüberflutung abzugrenzen.

Kreativität bringt Innen und Aussen in Balance

Kreativ-sein mit unterschiedlichsten Medien ist demnach Medizin für Balance zwischen Innen und Aussen, weil wir durch kreatives Tun immer stärker uns selbst vertrauen und wir immer häufiger unsere innere Führung als Navigationssystem im Aussen einsetzen. 

Weiter setzt Kreativität mit der Ausrichtung von innen nach aussen bei unseren eigenen Bedürfnissen an. Sie fragt nach dem, was jetzt für uns an der Reihe ist, was in diesem Moment getan werden will und wie wir unsere ganz persönlichen Gaben dafür nutzen können.

In diesem Sinn fühle ich mich meiner hochsensiblen Art zu Dank verpflichtet. Sie hat mich aufgefordert, eine Lösung im Umgang mit vielen Reizen im Alltag zu finden, und sie hat mich zu meiner Kreativität zurückgebracht, die mich immer wieder von neuem aus mir und meiner Kraft handeln lässt.

Inspirationen, die eigene Kreativität zu pflegen

Wenn du, liebe Leserin, lieber Leser, Lust bekommen hast, gleich loszulegen, um dir was Gutes zu tun und dein Erleben und Handeln von innen heraus auszurichten, dann findest du hier einen Vorschlag zum Malen: Suche dir eine Abbildung einer Landschaft (z.B. aus einem Ferienkatalog oder aus dem Internet), in der du dich jetzt wohlfühlen würdest. Gestalte dazu ein abstraktes Bild, indem du mit den Farben der Landschaft experimentierst. Das darf ganz einfach gehen und falsch kann dabei nichts sein! Besonders geeignet sind als Malmittel Neocolor II, Kreiden, die du mit Wasser vermalen kannst, dort wo es stimmig für dich ist. Vielleicht hast du später Lust, stärkende Gefühle wie Freude, Leichtigkeit oder Liebe mit Farben auszudrücken und damit deine Ausrichtung von innen nach aussen für den Alltag weiter zu stärken.

Über den/die Autor*in

Claire Schubnell ist Systemisch Lösungsorientierte Kunsttherapeutin LOMSYS® sowie Körperzentrierte Psychologische Beraterin IKP und arbeitet mit hochsensiblen Erwachsenen und Kindern in Einzelberatungen und Austauschgruppen in ihrem Atelier in Bern oder online. Aktuell startet anfangs 2024 die Gruppe für hochsensible Frauen neu als Reise ins Reich der weiblichen Urkraft und in die eigene Mitte. Mehr dazu auf meiner Website.

Infos unter www.claireschubnell.ch

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